Menschensprache und Tiersprache

Teil 2|2 Die Definition der Sprache

Wie wird Sprache definiert? Zunächst ist sie für uns ein Mittel zum Austausch von Informationen.

„Unter „Rede“ verstehen wir den konkreten Prozess der gegenseitigen Mitteilung mit Hilfe von Zeichen, vor allem Lautzeichen, unter „Sprache“ aber das aus diesem konkreten Redeprozess abstrahierte System von semantischen und grammatischen Regeln.“ (SCHAFF, Adam; 1965; Sprache und Erkenntnis und Essays über die Philosophie der Sprache. Europa Verlag)

Aber Sprache ist kein beliebiges System von Zeichen. Sprache ist ein äußerst sensibler, intimer und individueller Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit, mit dem der Mensch sich selbst, sein innerstes Wesen, seinen Charakter, seine Besonderheit, ja, seine Einzigartigkeit der Mitwelt preisgibt. Und Sprache ist Metapher in der Vermittlung von Informationen, unabhängig von Ort und der Zeit des zu Berichtenden.

Und was ist Kommunikation?

Kommunikation kann als Austausch von Informationen verstanden werden. Damit deckt sie eine riesige Zahl an Möglichkeiten ab, auf die sie sich beziehen kann.

Sprache hingegen kann als wesentlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens und der Kultur verstanden werden. Sie hat viele Funktionen: Wir setzen sie ein, um andere Menschen zu beeinflussen oder zu beeindrucken. Wir setzen sie ein, weil wir eine Handlung durchführen oder durchsetzen wollen, soziale Beziehungen und Kontakte etablieren, um unsere Gefühle oder Gedanken auszudrücken u.v.m. Wir sind als soziale Wesen weitgehend von unserer Sprache abhängig.

Aber so wie wir die Sprache brauchen, so gibt es auch etliche Tierarten, die von ihren „Sprachen“ abhängig sind. Durch sie können sie Kontakt mit ihrer eigenen Art herstellen, ihren emotionalen Zustand (Angst, Aggression, Unzufriedenheit) zum Ausdruck bringen und die Zeichen anderer Tiere interpretieren, z. B. beim Fund einer Nahrungsquelle. Tiere sind sozial, wie wir Menschen. Für sie ist die gegenseitige Kommunikation und das Verständnis für das Verhalten des anderen von ebenso großer Bedeutung.

Sprachsignale

Jedoch gibt ein Tier ein Sprachsignal immer nur aus einem bestimmten Grund von sich. Es stößt z. B. bestimmte Warnrufe nur bei der Annäherung einer Gefahr aus, nachdem es der Gefahr gewahr wurde. Es tut dies nur dann und nicht mehr, wenn die Gefahr vorbei ist, und zu keiner anderen Zeit. Tiere kommunizieren ausschließlich für und aus dem Hier und Jetzt. Das ist ein weiteres Merkmal, das das menschliche vom tierischen „Sprechen“ maßgeblich unterscheidet. Der Mensch besitzt die Fähigkeit, über Dinge zu sprechen, die nicht hier und jetzt sind. Niemals jedoch wird sich ein Tiersignal auf die Vergangenheit oder die Zukunft beziehen. Schafe, Kühe und Pferde können während der Winterzeit, die sie in den Ställen verbringen, nicht miteinander über den vergangenen Sommer kommunizieren, und Zugvögel werden sich nie über die Erlebnisse ihrer Reise in den Süden und wieder zurück berichten können.

Der Mensch kann über Dinge sprechen, die in der Vergangenheit geschehen sind, oder über seine eigenen Zukunftspläne. Tiere verfügen nicht über diese Fähigkeit, und gerade das ist einer der Hauptunterschiede zwischen der menschlichen Sprache und den Signalsystemen anderer Wesen.

Die Tiere haben ein System von Zeichen, das auf dem Prinzip „ein Schrei ist gleich eine Bedeutung“ beruht, und daher können sie nur eine beschränkte Anzahl von Bedeutungen ausdrücken. Sie haben normalerweise nur Zugang zu einer kleinen Anzahl von Sprachsignalen, von denen eines zum Beispiel „Das ist mein Lebensraum“ und das andere „Gefahr ist nah“ bedeutet, u.s.w.

Menschen jedoch besitzen die Fähigkeit, Aussagen zu verstehen, die sie noch nie zuvor gehört haben. Wir sind befähigt, mit unserer Sprache – die unserer Denkfähigkeit zugrunde liegt – über das Hier und Jetzt, über die Zukunft und die Vergangenheit, über Realität und Abstraktion, über Gegenständliches und bloß Vorgestelltes zu sprechen. Die Sprache ist also ein spezifisch menschliches Phänomen.