Das Phänomen Sprache
Aktualisiert: 29. Jan. 2022
„Sprich, dass ich dich sehe.“ – Sokrates
Unsere Sprache gehört zu den intimsten Äußerungen, zu denen wir fähig sind. Sie kann informieren, leugnen, schmeicheln, verletzen, liebkosen… Sie vermag ebenso Aufmerksamkeit zu wecken, wie zu vernebeln, einzulullen oder Klarheit zu schaffen. Durch sie können wir mit andern Gedanken austauschen, Probleme bearbeiten, Pläne schmieden, Träume bauen und unendlich vieles mehr.
Zweifellos ist die Sprache das wichtigste Kommunikationsmittel des Menschen. Doch erst wenn unsere Sprache als Vermittlungsinstanz zwischen Menschen fungiert, ist sie Kommunikationsmittel. Ein äußerst komplexes System aus Lauten und Tönen ergibt miteinander verbunden Wörter und Sätze, mit denen Gedanken, Gefühle, Absichten etc. kundgetan werden können. Und was sie dabei leistet, ist phänomenal.
Ein äußerst komplexes System aus Lauten und Tönen ergeben miteinander verbunden Wörter und ganze Sätze, mit denen Gedanken, Gefühle, Absichten etc. kundgetan werden können. Durch sie können wir mit andern Gedanken austauschen, Probleme bearbeiten, Pläne schmieden, Träume bauen und unbegrenzt mehr.
Sprache ist ein Wunder
Und wir alle beherrschen sie. Aber schenken wir diesem Wunder auch genügend Beachtung? Im Allgemeinen nicht, zumindest nicht solange sie funktioniert oder solange sie lediglich zur Alltagskommunikation benötigt wird. Aber wenn ich die Sprache in meinem Beruf einsetzen muss? Spätestens da fängt man an, sich mit ihr bewusst auseinander zu setzen. Ob Sie im Verkauf tätig sind, an der Uni Vorträge halten, im Call Center telefonieren, an Schulen unterrichten usw., Sie müssen mit Ihrer Stimme überzeugen. Das betrifft mehr als die Hälfte aller Berufsgruppen. Für über 50 % aller Berufstätigen ist die sprachliche Kommunikation von großer Bedeutung. Es ist also naheliegend seine Sprachgewohnheiten zu pflegen. Bei falschen unsachgemäßem Umgang mit der Stimme tauchen bei Vielsprechern häufig Ermüdungserscheinungen auf wie trockener Hals, Halsschmerzen, Heiserkeit, häufiges Räuspern, die Tonhöhe kann nicht mehr gezielt gesteuert werden, die individuelle Sprechstimmlage entgleitet, es treten Probleme beim lauten oder leisen Sprechen auf. Und leider gibt es für sprechintensive Berufe kaum entsprechendes Sprechtraining während der Berufsausbildung. Aber es gibt erfahrene und qualifizierte Sprechtrainer, die beim Finden der individuellen Stimmlage, der richtigen Atmung, Körperhaltung, Artikulation unterstützen können, sodass vieles, häufiges und lautes Sprechen der Stimme nicht schadet.
Unsere Stimme ist eine klingende Visitenkarte
Das sind äußere Hilfen um unsere Sprechtechnik, die Atmung usw. zu korrigieren. Aber auch die psychologische Ebene sollte nicht außer Acht gelassen werden, will ich mit Sprechen überzeugen. Sprache ist in erste Linie wirksam. Ich spreche immer, um etwas zu bewirken. Egal ob ich es mit einer sympathischen oder unsympathischen, einer bestimmten oder resignierten, einer fragenden oder behauptenden Haltung ausspreche: ich will damit in der Welt etwas bewirken. Sprechen ist also nicht nur ein äußerer Mechanismus, bei dem die Sprachwerkzeuge funktionieren sollen, Sprechen ist auch ein komplexer innerer Prozess, der bewusst geschult werden kann. Denn wir übermitteln nicht nur Botschaften, tauschen nicht nur unsere Gedanken aus, sondern mit der Sprache offenbaren wir einen großen Teil unserer Persönlichkeit, unsers Gemüts- und teilweise unseres Gesundheitszustandes. Trauer, Stress, Gelassenheit, Glück und Frust schwingen in unserer Stimme mit, auch wenn wir die Gefühlszustände nicht namentlich benennen. Der Stimmklang, das Stimmtimbre ist genauso vielsagend wie der Inhalt des Gesagten und genauso aufschlussreich wie unsere Mimik oder sonstige Körpersprache. Zu guter Letzt empfinden wir häufig unsere Mitmenschen anhand ihrer Stimmen als sympathisch oder unsympathisch. Angeblich soll Sokrates zu Menschen, die ihm neu begegneten gesagt haben: „Sprich, damit ich dich sehe.“
Sprech- und Stimmtraining über einen längeren Zeitraum sind laut Studien am effektivsten. Die Übungseinheiten müssen nicht lange, sollten aber regelmäßig stattfinden. Dann ist der Nutzen groß. Es ist wie beim Üben eines Instrumentes. Und schließlich ist die Stimme das Instrument unserer Seele.
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